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Das Urheberrecht des Kinematografen

Kinematograf:innen sind wichtige Gestalter:innen im Filmprozess und leisten einen wesentlichen Beitrag zur künstlerischen Qualität und Identität eines Films.

ZUM URHEBERRECHT DES KINEMATOGRAFEN

Bildgestaltung als eigenschöpferische werkprägende Leistung

Geschützte “Werke” im Sinne des Urheberrechts sind Film- und Fernsehwerke, sofern sie eine “persönliche geistige Schöpfung” ihrer Urheber darstellen. Das Folgende bezieht sich deshalb nur auf solche Filmwerke, bei denen die gestalterische Tätigkeit ihrer Urheber im Vordergrund steht. Zu den Urhebern am Filmwerk zählen in erster Linie der Regisseur, wie auch der für die Bildgestaltung verantwortliche Kinematograf / Director of Photography (hier immer weiblich/männlich zu verstehen).

Die Bildgestaltung eines Filmes ist unverwechselbares Ergebnis schöpferischer Phantasie, der Kinematograf übt dabei bestimmenden und werkprägenden gestalterischen Einfluss aus. Zu den grundlegenden und berufstypischen Gestaltungsmitteln, die er teils in Zusammenarbeit insbesondere mit der Regie, vielfach auch in alleiniger Verantwortung einsetzt, gehören u. a. folgende

Urheberrechtlich relevante Tätigkeiten:

Vorausplanung mit Regie und Ausstattung (Szenen- und Kostümbild),

Festlegung der dramaturgischen, stilistischen und visuellen Konzeption.

Motivsuche und -bestimmung:

Planung von Szenenstruktur, Schauplatz, Tageszeit und Beleuchtung, bei Dokumentarfilmen Auswahl realer Szenerien unter dramaturgisch-künstlerischen Aspekten.

Szenenauflösung in Einzeleinstellungen, Plansequenzen und Bewegungsabläufe,

womit bereits Montage und Rhythmus des Filmes vorbestimmt werden.

Bestimmung von Kameraposition und -bewegung, Bildausschnitt und Komposition

im Hinblick auf dramaturgische und emotionale Wirkung von Handlungsabläufen, Personen und Motiven, innere Beziehungen handelnder Personen, Perspektive und dritte Dimension.

Lichtgestaltung

zur Schaffung einer dramaturgischen, ästhetischen und emotionalen Atmosphäre, zur Unterstützung des künstlerischen und dramatischen Ausdrucks der Handlungsträger, für Raum- und Tiefenwirkung, Konzentration auf die Handlungsfläche, Betonung oder Unterdrückung szenischer Elemente, spezielle Lichteffekte und “interactive lighting” zur Integration von Vorgängen außerhalb des Bildfeldes.

Farbgestaltung und Filterung

zur Steigerung dramaturgischer und emotionaler Wirkungen.

Fotografische Spezialeffekte

auch außerhalb des Normbereichs.

Vor-Auswahl des gedrehten Materials

zusammen mit Regie und Schnitt.

Licht- und Farbbestimmung

im Labor, der elektronischen Farbkorrektur oder der digitalen Postproduktion als Abschluss des fotografisch-gestalterischen Prozesses.

(detaillierte Erläuterungen zu den o.g. Tätigkeiten im nachfolgenden Berufsbild)

Dabei spielt es keine Rolle, ob “Filme” auf Film, Magnetband, Festplatten, Speicherchips oder anderen Speichermedien mit unterschiedlichen analogen oder digitalen Kamerasystemen und Workflows aufgenommen und bearbeitet werden. Alleiniger Maßstab ist – unabhängig von der Technik seiner Entstehung – das vom Kinematografen visualisierte, gestaltete und dem Zuschauer angebotene Bild. Deshalb wird hier allgemein von “Film” gesprochen.

Die Verantwortlichkeit des Kinematografen für die filmische Bildgestaltung als das Gesamtwerk prägende “persönliche geistige Schöpfung” (im Sinne des UrhR) führt nicht nur zu seiner Urheberschaft an der filmisch-visuellen Gestaltung, sondern damit auch zu einer Miturheberschaft an dem Filmwerk selbst, in der Regel zusammen mit dem Regisseur.
Aufgrund ökonomischer Interessen der Produktionswirtschaft wurde die Urheberschaft des Kinematografen in der Vergangenheit allerdings häufig bestritten und der “Kameramann” vielfach nur dem technischen Bereich zugeordnet. Die Anerkennung der Urheberschaft des war deshalb Aufgabe und vorrangiges Ziel des BVK in den letzten 30 Jahren. Inzwischen konnte diese Anerkennung nicht nur branchenweit durchgesetzt werden, sondern ist auch durch Gesetzgeber (als Regelfallurheber) und oberste Gerichte bestätigt worden.

Entsprechend der gesetzlichen Forderung nach angemessener Nutzungsvergütung besteht für den Kinematografen deshalb ein Anspruch auf den Abschluß von Urheber-Verträgen mit zweckbegrenzter Übertragung von Nutzungsrechten und Ausweisung von Nutzungsvergütungen bzw. Wiederholungshonoraren, einer Beteiligung an Erlösen aus Zweitverwertungen sowie der -Geräte- und Leermedienabgabe nach §§ 53,54 UrhG durch die VG Bild-Kunst. Erste Erfolge einer zusätzlichen Erlösbeteiligung für Kinematografen konnten im Kinobereich bereits erzielt werden, für den Fernsehbereich haben entsprechende Verhandlungen mit Produzentenunion und Rundfunkanstalten begonnen. Deutschland und der BVK spielen damit eine Vorreiterrolle, in vielen anderen Ländern ist eine Anerkennung des Kinematografen als Urheber allerdings noch nicht erreicht. In den USA und anderen Commonwealth-Ländern liegt die Urheberschaft durch das dortige Copyright-Rechtssystem (“work made for hire”) generell bei den Produzenten.


Jost Vacano BVK/ASC